28. Juli 2010

Riiiiiiiiiiioooooooootgrrrrrrrrrrllllllllll!



Viele Facebooktests sind ziemlicher Schrott, aber ab und zu trifft man sogar mal auf einen mit Herz und Humor. Ein solcher Test war: "Was für ein Punk bist du?" Und das sage ich jetzt ganz schamlos nur deshalb, um mein kuhles Ergebnis in diesem Test zum Besten zu geben:
"Result: Riot Grrrl/Boi//Die ganze scheiß Mackerscheiße geht dir ganz gehörig auf die Ketten. Der einzig gute Song von den Ärzten (Chauvischweine!) ist der mit "Schwanz ab!" drin und auf deinem Rücken ist fett "Judith Butler fucking rules" tätowiert. Yeah!"
Endlich brauche ich mir also nie wieder Gedanken über ein mögliches Motiv zu machen, wenn mir irgendwann der Sinn nach ritualisierten Schmerzen, die eine ewig währende Körperzeichnung zur Folge haben werden, steht.
Auf dieses Ereignis meines gestrigen Tages folgend, habe ich dann erstmal ganz viel Bikini Kill gehört. Und dann natürlich wie immer die Lassie Singers. Und den Blogeintrag von Amanda Palmer gelesen.
Und, im Rahmen meiner schon längst erlangten, aber sich stetig erweiternden Genderkompetenz muss ich, mich selbst einschließend, bei allen Künstlerinnen, mit denen ich mich beschäftige, fragen: Gehe ich hier nur nach dem Prinzip der Visibilität vor? In welcher Art und Weise polarisieren sie? Oder assimilieren sie sich gar?
Gut, fangen wir an. Visibilität bei Bikini Kill. Visibilität bedeutet unter Betrachtung des Merkmals Geschlecht (man könnte das Ganze auch mit der Kategorie Alter, Rasse oder Klasse durchführen), dass man nicht die eigentliche Leistung einer Person neutral betrachtet, sondern nur, was für eine Leistung sie unter Einfluss ihres Geschlechts erbringt. Zeigen Bikini Kill also für mich nur, dass Frauen besser punkrocken können als Männer, oder zeigen sie mir nur, dass sie es nicht so eindringlich rotzig können? Oder bin ich schon so weit in der Liga des Geschlechterdekonstruktivismus aufgestiegen, dass ich sagen kann: Bikini Kill, eine ziemlich gute Punkband, aber nicht die Beste? Also, ich betrachte Bikini Kill schon unter dem Einfluss ihres Geschlechts. Ich würde sie wohl nicht hören, wenn nicht "I like fucking" einen dermaßen feministisch- wegweisenden Text über weibliche Sexualität hätte. Würde eine Männerkombo so etwas darbieten, bei gleicher Qualität des Musikalischen, ich würde es auch mögen. Aber soweit mir bekannt, gibt es keine mit diskursfeministischen Texten. Oder? (Das ist ein ernstgemeintes, fragendes "Oder?", kein bestätigungsheischendes.)
Same about the Lyrics bei den Lassie Singers. Aber deren Musik finde ich auch ähnlich dilettantisch großartig wie die von Tocotronic. Christiane Rösinger fänd ich auch super, wäre sie ein Mann. Lassie Singers sind einfach Menschen mit guter Musik und guten Texten, die sich kritisch-ironisch mit ihrer sozialen Rolle auseinandersetzen. 1:0 für die Lassie Singers gegen Bikini Kill in der Kategorie Visibilität.
Polarisierung in der Rolle der Frau bei Bikini Kill. Nehmen sie ihre Außenseiterposition an oder passen sie sich der Mehrheit an? Ich würde sagen, bis auf stimmliche Unterschiede ist das einfach urster, einfachster Punk. Der nicht angepasst sein muss, sondern aus dem menschlich Innersten aufsteigt. Bei den Lassie Singers? Eindeutig Akzeptanz der Außenseiterposition. "Weibliche Hysterie" wird wundervoll verknüpft mit "weiblichen" Problemen. "Doing Gender" mit einem Augenzwinkern. 2:0 für die Lassie Singers.
Assimilation? Da hab ich jetzt irgendwie keinen Bock drauf, weil das so ein bisschen ist wie die Frage, was war zuerst da: Das Huhn, oder das Ei?
Die Lassie Singers haben also wieder einmal gewonnen. Achso, ich wollte mich ja noch selbst als Schriftstellerin reflektieren, aber, huch, das hat doch der Facebooktest schon getan. Siehe oben! Ach, und Amanda Palmer? Die ist eben ein bisschen wie ich. Anachronistisch, peinlich, romantisch, künstlich, echt, versoffen, immer ein Konzept von sich erschaffend.

Bildnachweise: taz.de//amoeba.com

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