21. Dezember 2011

Ein melancholischer Kontinent. Und ich finde es zum Kotzen, übrigens.

Heute ist meine Nudelsoße extra dünn und kalt ausgefallen, damit der Rotwein darin mich wenigstens ein bisschen betrunken macht. Diese Jahreszeit soll immer so ein Melancholieding sein, aber das ist sie vielleicht nur für Menschen, die nicht gern drinnen sitzen. Mensch, ich aber doch eigentlich schon.
"Zünd Dir Kerzen an, nur für Dich selbst", das soll laut Christiane Rösinger in einem Beziehungsratgeber als Trost für Langzeit-Singles gestanden haben, und ich glaube es ihr gern. Übrigens ist Weihnachten auch nur ein langer Elterngeburtstag mit Schnee auf der Straße und hinter der Adventskalenderschokolade wittert die leere Hülse einer Figur. Fasste mich jemand jetzt an der Hand, ich würde liebend gern durch den Schnee stapfen. Aber in Berlin gibt es ja nie etwas Echtes, keine echten Drogen, keine echten Weihnachtsbäume, keine echten Menschen, keine echten Nachbarn, nur Alibiadressen und Postfächer, die zu besuchen nur in gewissen Stunden ratsam ist, wenn Dir alles zu laut wird, im Gespräch Deiner Gefühle und Du die Stille des Sinnlosen suchst. Denn nichts ist leiser als Leere und Einsamkeit, und das bisschen Tristesse umsonst kannst Du in Deinem Wohlstand auch noch verschmerzen. Ach, komm.
Es verlässt einen die Melancholie übrigens eigentlich ganz schnell, man müsste sich nur verlieben oder nach draußen gehen. Am Telefon eine alte weibliche Stimme: "Wir sind alt, wir wünschen keinen Kontakt mehr nach außen" und es ging um die Beantwortung zu Fragen zu Radiosendern. Wissen Sie, dass ich Ihnen beweisen kann, dass Eminem und Brahms mehr miteinander zu tun haben als Nirvana mit Sonny and Cher? Könnte ich rein, soziologisch, nicht musikalisch übrigens, aber das interessiert mich nicht, genausowenig eigentlich, ob Europa ein melancholischer Kontinent ist, und was das überhaupt sein soll. Ich konnte Trauerweiden niemals leiden.

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