16. September 2012
Ich trag Pink, und das aus politischen Gründen.
22. Juli 2012
A serious Girl. Or:Let's watch our dreams die.
Let's watch our dreams die.
Belle and Sebastian: Step into my office, Baby
Maximo Park: Apply some pressure
The Thrills: Fancy Restaurant
Mikrofisch: Delusions of Decay
Belle and Sebastian: Get me away from here I am dying
Nina Simone: Feeling good
Ben Caplan: Seed of Love
Phantom/Ghost: Thrown out of Drama School
Marina and the Diamonds: I'm not a robot
The Thrills: Faded Beauty Queens
Regina Spektor: Ghost of a corporate future
Belle and Sebastian: Expectations
Tocotronic: Das Unglück muss zurückgeschlagen werden
Socalled: Work on what you got
The Divine Comedy: Generation Sex
Belle and Sebastian: Dear Catastrophe Waitress
Amanda Palmer: Ampersand
Und nie die Worte Yodas vergessen:If you end your training now - if you choose the quick and easy path as Vader did - you will become an agent of evil.a
17. Juni 2012
They sentenced me to twenty years of boredom.
„Du kommst doch auch aus der Künstlerecke? Siehst jedenfalls so aus.“ Ich habe gelernt, wie eine Dame milde zu lächeln, und mir meinen Samtrock glattzustreichen.
Er trägt eine Baskenmütze, sandfarben, wie seine gelockten Haare, die sich beinahe um seine selbstgedrehte wickeln, die er sich mit einem neckischen Augenaufschlag anzündet. Ich tue ihm nicht den Gefallen, zu sagen: „Nö, Du wohl aber.“ Sondern versuche ein anderes Thema anzuschlagen. Wir haben ausführlich abgeglichen, dass wir die selben Länder bereisten, er jedes zweite gesellschaftliche Phänomen als „ethnologisch interessant“ empfindet, und für mich ein „soziologisch auch“ hinzufügt. Musikinstrumente. Museen. Kommunismus. Neben uns steht eine zierliche mit kurzem Pony und langem Stoffrock, „die lebt einfach nur“ und findet's „einfach nur schön hier“ und sie hat mich, die „Renate aus dem Museum,“ kennen gelernt, als sie meine Tasche abfotografiert hat. Ein Jutebeutel mit einem Mädchen, das Herzen kotzt. Sie möchte gern meinen Platz einnehmen, jetzt, sie gibt mir das zu verstehen, mit jedem Klappern ihrer Espandrillas. Das kann ich aus dem Augenwinkel sehen, während sie gleichzeitig ihrer Freundin, dem „Mäuschen“ laut genug flüstert, es langweile sie hier, niemand, den sie jetzt ansprechen möchte und zuhören macht sie müde.
Ich will doch längst selbst gehen, ich trotze ihr eigentlich nur, ihrer sich selbst reizend findenden Attitüde, ich weiß gar nicht warum. Vielleicht finde ich mich sogar selbst reizend dabei. Gieße mir schließlich seufzend Wodka in die Cherry Coke, komme eine halbe Stunde später zurück und höre, wie Leinenrock und Baskenmütze sich wechselseitig bestätigen, es füge sich schon, man müsse nur offen bleiben, nicht zu Hause herum sitzen, dann ergebe sich schon alles.
Wiederum ein Klogang später, ein paar Floskeln über Helsinki ausgetauscht, im einzigen englischsprachigen Gespräch auf der Party, mit einem Finnen und einem Isländer, erklärt mir eine aus der Kunstecke ihre Theorie des kulturellen Austauschs: Gleichgesinnte Europäer tauschen sich in Polen anders aus als in Deutschland. Auch sie hat ein Jahr in Berlin gewohnt.
Es soll endlich getanzt werden, denn die Gespräche machen die Menschen müde, das Nicken strengt an, das vom Gegenüber begeistert die Augen aufreißen, das Fragen nach Zigaretten und Feuerzeugen, die dritte Bestätigung von der vierten verschiedenen Person, dass man nicht wisse, wo es hingehe, aber man sei sicher, irgendwann sei man zur richtigen Zeit am richtigen Ort.
Die Luft ist sommerlich kalt, und so ein Balkon ist rar in Krakau, man kann über den Hinterhof über die Dächer blicken, den Rynek, und irgendwo dahinter muss Kazimierz liegen. Dorthin war mein Amerikaner, meine Begleitung, die keine blieb, weil ich mich verspätete, zurück geeilt, es ist ein gutes Stückchen Weg bis dahin, vom Außenring des grünen Gürtels, der die Innenstadt in spezifischer Weise umspannt, und tagsüber den täglichen Gängen etwas märchenhaftes verleiht, nachts gemieden werden muss. Stadtstreicher, verrückte Poeten, die Gefahr, auf Taubenfutter zu treten. So genau weiß ich das nicht. Ich war erst einmal hier, nachts. Die Karmelicka kann ich noch nicht sehen, ich wähne sie hinterm modernen Theater. Die Karmelicka ist nicht lyrisch, aber sicher, die Karmelicka ist die halb-ruhige Vene in den Adern des gerade von mir bewohnten Körpers, die mich heimführt, später.
Renate, einen Uwe soll es hier auch geben, der eine Frau geheiratet hat, deren Opa in Auschwitz war, weshalb er sich jeden Freitag zum Beit Krakau einfindet. „Have you met Uwe yet?“, fragen sie mich, sie sprechen Englisch, in der Hoffnung, sie wirken dann wie echte ErasmusstudentInnen, und jemand verirrtes klinkt sich dann vielleicht ins Gespräch. Es verirren sich viele, sie wollen eigentlich upstairs, und dahin bewegen sich alle, gemächlich, in dieser Wohnung kotzt es sich nicht gut. Wieder ein paar selbst gedrehte, ein Österreicher mit Idealismus, sein Studiengang wird abgeschafft, er wähnt sich interessante Dinge sagen, und zum Teil hat er auch Recht, er kann nicht viel dafür, dass ich müde bin und am Stück in Floskeln spreche. Die Gastgeberin hat inzwischen einen neuen Haarschnitt, ich habe mir meine Jacke über die Schultern gezogen. Die langberockte, die einfach nur lebt, die alles hier schön findet, die nicht weiß, was sie in einem Jahr macht, aber alles so schön, sitzt allein auf dem schmalen Bett in diesem großen Zimmer. Zu dritt wohnen sie hier, es befinden sich Bilder von nackten Frauen an den Wänden, Pin-up Style fünfziger, in einem Hostel haben sich die Fremden kennen gelernt, denen es nicht schwer fiel, Freunde zu werden. Sie sprechen sogar die selbe Sprache.
In Lingua-Franca Englisch träume ich schon lange nicht mehr, die Nachtmare sind einer Sprachlosigkeit gewichen. Ich trotte an den letzten Heimgängern mit rot-weißen Schals vorbei, Polen hat verloren heute, wir haben verloren heute, wie auch immer man es mir sagte, man sagte es mir. Es ist ein erstaunlich ruhiger Abend für ein Wochenende, noch niemals ist mir aufgefallen, dass es so wenig Straßenlaternen hier gibt. Morgen werden die Bäckereien wieder geöffnet sein, 7 Zloty werden mir teuer vorkommen, für zwei Gebäckstücke, doch es ist Sonntag und ich werde sie singen hören.
5. April 2012
Das Internet ist mein Pony, der Kosmos mein richtiges Pferd!
Und trotz all dem würde ich mich niemals als einen digitale bohéme bezeichnen.
Die ehrliche Wahrheit ist: Ich veröffentliche doch nur im Internet, weil ich mich noch nicht reif genug für einen Verlag fühle und trotzdem an Geltungssucht leide, und möchte, dass jemand meinen Rotz liest. In E-Mails kann ich mich von der besten Seite zeigen, ohne an meine Körperhaltung zu denken. Manche Witze und Bemerkungen erscheinen mir zu geistreich, als dass ich sie einfach dem Pöbel anvertraue, das heißt den FreundInnen und Bekannten, ich möchte, dass sie noch für mehr Menschen sichtbar sind, damit sie überhaupt wirklich gewertschätzt werden. Würde es einen Markt für Lyrikanthologien geben, der nicht auf Kosten der AutorInnen geht, würde ich all meine Freizeit in das Herumschicken von Manuskripten investieren. Ich bin zu faul, meine Texte ordentlich zu archivieren und überhaupt Sicherungen meiner Festplatte vorzunehmen. Meist schreibe ich die Texte spontan einfach ins Artikelformular des jeweiligen Blogs. Ich kriegs nicht hin, mein myspaceprofil zu löschen (obwohl da auch steht: more to love!, hihi). Lena Knaudt versüßt mir kostenlos jede Mußestunde, aber ich wünsche ihr nichts sehnlicher, als einen Verlag, einen Job in der Filmbranche oder eine Ausstellung. Ich fände es furchtbar, wenn die Welt nicht von ihr erfährt. Seit ich aus der Literaturbühne geschmissen wurde und die Berliner Lesebühnen mich nicht überzeugen, vermisse ich jede Gelegenheit, meine eigene Stimme zu hören.
Empfehlungen, Favorisierungen, Daumen nach oben und liebe Kommentare retten mir manchen Tag, aber wisst ihr, was mich wirklich glücklich gemacht hat? Mein erstes Gedicht gedruckt zu sehen und für meine erste Rezension im Missy Mag bezahlt worden zu sein! Meine erste, eigene Lesung! Mich zum Literatursalon mit meinen FreundInnen zu treffen und uns Sachen vorzulesen und zu kritisieren! Wie altmodisch! Und wie berechnend!
Nein, ich bin kein Digitale bohéme aus Leidenschaft, sorry, das war gelogen! Ich bin jemand, die wirklich gerne Schriftstellerin ist, ob haupt- oder nebenberuflich, und die nicht vom Land in die Stadt gezogen ist, um sich hier nur virtuell zu vernetzen! Nur ist das kulturelle Leben in Berlin nun manchmal angesichts der Ausmaße des gigantischen Potentials unterirdisch und die zugehörigen Menschen nerven und klüngeln. Da zieht man sich ins Netz zurück und macht vielleicht alles nur noch schlimmer. Womit ich nicht sagen möchte, dass ich dies nicht ändern möchte. Nur: Ich sehe es eben auch als Möglichkeit, ich könnte zu schlecht, zu faul, zu verzettelt, zu feige sein, für Print und Bühne sein, anstatt die digitale Welt als dankbare Spielfläche zu vergöttern. Und es einen Zustand zu finden, dass viele begabte Menschen für lau arbeiten, weil sie nicht genügend Selbstvertrauen zur ständigen Selbstvermarktung haben. Ich würde mich jedem Lektorat anvertrauen, das mir hilft, meinen Roman zu veröffentlichen. Und kennte ich die richtigen Leute und Orte, ich gründete sofort ein Kaberett, eine Lesebühne, und erneut meine eigene Zeitung. Woher kommt diese plötzliche Real-Life-Versessenheit? Vielleicht taugt mal wieder die all-round-Antwort: I'm getting too old for this shit.
11. Januar 2012
Das Gegenteil von Dankbarkeit.
Ich werfe ein Herz, ein menschliches, den ganzen Tag über an eine graue Betonwand, und alles, was ihr seht, ist meine Silhouette von hinten. Ich gucke einfach zu, wie es hart aufprallt und rote Streifen auf der Wand zieht. Die Wand eines Betonbalkons. Ich könnt den ganzen Tag singen: Betonbalkon. Und weinen.
Ich bin eine junge Frau in einem Anzug aus schwarzer Baumwolle. Ich habe kurze Haare, und der Anzug ist maßgeschneidert, und ich habe nun einmal Hüften, verdammt!
Ist ja auch egal, alles, was ihr von mir seht, ist sowieso von hinten.
Auch ich hab n Weilchen mit der goldenen Kugel gespielt, hab nach ihr getaucht, und dann notfalls doch den Frosch gebeten, mir zu helfen. Hätt ja ein Prinz werden können, dacht ich mir, als ich ihn an die Wand klatschte. und war dann doch ganz froh, als es nur ein menschliches Herz wurde. Wird Frosch zu Herz, wo jemand Grünes will oder so.
Jetzt ziehts Striche und stinkt nicht.
Schön langsam, schön warm, schön purpur. Und ich habe mir dazu ein grimmiges Grinsen ausgedacht und denke: Heute wein ich, morgen denk ich, übermorgen schreib ich ihn doch. Und das heute, wo mittlerweile für einen gewissen Kreis die Bezeichnung Berlinroman gottseidank eine Beleidigung darstellt.
Uhrwerk purpur. Orang ja trotzdem irgendwie. Und es läuft, es läuft, es läuft beständig, obwohl es ausblutet. Ich weiß, ist doch schließlich meins.
Dabei seid ihr mir eigentlich viel zu langweilig, alle miteinander, um über euch zu schreiben.
Ich habe mir die Traurigkeit verordnet, wie ihr euch den hemmungslosen Spaß. Wir tanzen auf dem selben Parkett, People: Es ist abschüssig, ich spürs auch.
Und da ich ja nur mit dem Rücken zu Welt stehe, mit dem Kopf zur Betonwand, kann ich euch zum Glück nicht mehr sehen. Wenn ich mich manchmal, einmal im Monat, wenn ich meine Verabredung mit der Welt habe, über die Schulter leicht umdrehe, denn das reicht mir schon an Gnädigkeit ihr gegenüber, find ichs einfach nicht so lustig wie ihr, sorry. Naja, wenn man nicht über rape-jokes lachen kann.
So much for the city, tell me that you dance till the end...
Ja, wie gerne hab ich das damals auch geglaubt, in die andere Richtung rennend als die Polizei, mit krachender Lederjacke, und irgendwie echt gedacht, das ist meine Stadt, die ich da verteidige. Und nicht eure. Ihr grenzt euch ab? Und wollt mich trotzdem, ihr wollt mich doch auch, da kann ich so viel Yuppiesport betreiben, dass ich ganz modeldünn werde, da kann ich noch so mädchenhaft schüchtern sein, da kann ich sonstwie daherkonservativen, ich schaffe es einfach nicht, dass ihr mich unsympathisch findet.
Sorry, aber mein Herz schlägt gegen eine Betonwand. Euer Hedonismus ist meine Traurigkeit. Euer Danke ist mein Selbsthass. Ich habs bequem, doch glücklich bin ich nicht.
Den Jutebeutel über der Schulter und den Kopf gegen die Wand. Nur so kann ich morgens noch aufstehen,um grimmig grinsen zu können.
