9. Juli 2010

Offene Bücher gegen und für die Gleichgültigkeit. Jahresrückblick 2009

Mir scheint, heute hat keiner mehr ein Tagebuch. Und bei mir ist das auch wirklich so. Also doch, ich habe sogar nicht nur eins, sondern viele, doch schreib ich da nix rein. Ich teile meistens meiner Umwelt direkt mit, was ich fühle. So naiv das auch sein mag. Und ich wollte zunächst aus diesen Gründen hier einen ganz persönlichen Jahresrückblick geben, ein offenes Buch für und gegen die Gleichgültigkeit, denn wem ich gleichgültig bin, dem bin ich es dann um so mehr, vorrausgesetzt, es gäbe eine Steigerung für Gleichgültigkeit, und wem ich es nicht ganz bin, dem bin ich es dann vielleicht noch ein bisschen weniger. Naja, aber im großen und ganzen ist das wohl auch einfach eine langweilige Sache, wenn man von jemandem immer wieder hört, wie sehr er davon erschüttert ist, wieviel in nur einem Jahr passieren kann, wie Menschen kommen und gehen und da sind und fern sind und nicht da sind und nah sind.

du bist ganz weit weg
und mir doch näher als je zuvor
als du nah warst
als du gewohnheit warst
ein inventar fast.

in meinem neuen inventar ist für jemanden wie dich kein platz.
und doch, in meinem herz
aufeinmal schon.
da hast du vorher nicht reingepasst.


du bist ganz nah
und so verdammt fern.
wenn ich mich umdrehe
und zur tür gehe
siehst du mir nach.
ich bleibe stehen
und gehe nicht
und du gehst.


du bist ganz fern
im raum und im herzen
bei dir ist alles klar

und es ist wahrscheinlich ebenfalls langweilig zu hören, wie es einem pervers ins herz sticht, dass man sich über seelische schmerzen freut, weil man mit seinem kalten, abgestumpften herzen glaubte, man sei des verletzt werdens nicht fähig und nicht würdig.
Also hab ich mich entschlossen, keinen persönlichen Blog zu schreiben, sondern einen ganz sachlichen Jahresrückblick zu geben.

Abenteuer des Jahres: Leben. Verdammt, das heißt ja in echt fühlen und denken und so.
Bezirk des Jahres: Neukölln
Baustelle des Jahres: Auf der Kaiserin Augusta Allee wurde endlich n Fußgängerüberweg und n Zebrastreifen gebaut, juhu!
Chance des Jahres: Erwachsen werden.
Diät des Jahres: Mensaessen.
Ernte des Jahres: 1.3 bei Pistiak
Film des Jahres: Persepolis.
Frisur des Jahres: Ungewollte kurze Wellen im April.
Festival des Jahres: Jenseits von Millionen.
Genie des Jahres: Dr. Peter Richter
Hit des Jahres: Little Fish/Maiko Miske
Illness des Jahres: Schweinegrippe
Ja des Jahres: Ja! Milch, verkleidet als heiße Milch mit Honig
Klunker des Jahres: türkis-rose-knochenfarbene Perlenkette vom Boxi
Konzert des Jahres: Miss Li im Lido, Berlin
Kleid des Jahres: Das schwarz-rote aus Amsterdam.
Lohn des Jahres: Ein Stück lebendiger sein.
Location des Jahres: Schaubühne, Charlottenburg.
Mixtape des Jahres: Maikos "I cry//Glitter is Love."
Norman Palm Konzert des Jahres: In der Schaubühne im Oktober.
Obst des Jahres: Feigen.
Platte des Jahres: Phantom/Ghost/Thrown out of Drama School
Quiche des Jahres: Zuchini-Champignon-Möhren-Quiche
Rock des Jahres: Der lila Wildledermini. Meine Mama sagte, ich soll ihn, billig wie er ist, kaufen, einen Sommer lang tragen und dann wegschmeißen. Jetzt hat er mich bis in den Winter begleitet und wir haben soviel zusammen erlebt, dass ich ihn bestimmt nicht so schnell wegschmeißen werde.
Song des Jahres: Canopies and Grapes/Emmy the Great.
Theater des Jahres: Wainwright vertonte Sonnets
Urlaub des Jahres: Ostsee: Kurz, aber gut!
Verwandlung des Jahres: Me, Gefühlsarschloch in Emotussi. Heute hab ich bei Halleluja geweint.
X des Jahres: Was werd ich, wenn ich groß bin? Popliteratin oder die Frau, die in die U-Bahn pullert?
You des Jahres: You and you and you.
Zerstreuung des Jahres: Fahrrad fahren.
Nachträglich frohe Weihnachten und nen guten Rutsch!

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