7. August 2010

Teilst du mit mir Tisch und Steckdose?

Es war ein Wetter ganz nach meinem Geschmack heute. Warmes, nieseliges Rollschuhfahrwetter. Ich habe leider keine Rollschuhe mehr (und ich meine übrigens wirklich Rollschuhe, nicht Inline-Skates, ich bin doch nicht lebensmüde!), aber ich habe einen Laptop und das Bedürfnis, in einen Plattenladen zu gehen. Ich bin plattenkauftechnisch nicht erfolgreich, um das einmal vorweg zu nehmen. Die ersehnte Team-Dresch-Platte ist noch nicht mein eigen, auch die neue Arcade Fire ließ ich mir erst einmal stecken.
Ich blieb also mit meinem dauernden Bedürfnis zu schreiben an diesem rollschuhwettrigen, edelgrauen, turnschuhigen Tag im Prenzelberg und begab mich in ein Lokal, um zu schreiben. Das lief auch wie geschmiert, bei Zitronenwasser und Milchkaffee, ich war so schön allein da drinnen, alle anderen draußen, türlich, ist ja Sommer oder so. Die Bedienungen waren nicht aufdringlich und ich konzentriert as hell. Bis schließlich ein Mädchen mit einem riesigen Rucksack den Raum betritt. Da ich gestern auch noch einen riesigen Rucksack mit mir herumtrug, bekam sie sofort meine volle Sympathie. Man wird schließlich immer so doof angeschaut. Als wäre man eine enorme Schnecke, die ihr zuhaus auf dem Rücken tragen muss, weil woanders kein Platz dafür ist. Und wenn es so wäre, hm?
Sie fragte nach W-Lan und einer Steckdose, setzte sich aber nicht neben mich, an den Tisch mit der Steckdose. Sondern auf einen Barhocker, an einen ungastlichen Nebentisch und ihr Kabel legte sie grenzenbildend über meinen großen schönen Tisch, an dem ich auf einem delikaten Holzklappstuhl saß. Wenn mein Akku leer wird, grabe ich den aus, schimpfe ich innerlich!
Natürlich wird mein Akku leer und natürlich hat die schöne Fremde die Steckdose immer noch in Gebrauch. Sie ein bisschen anstarrend, nehme ich dann doch kleinlaut meinen Fremdtischrechner und ziehe damit auf einen ebenso ungastlichen Barhocker um, neben dem eine andere Steckdose zu finden ist. Nun mit dem Rücken zu ihr, frage ich mich, warum es uns Großstadtindividualisten so schwer fällt zu fragen: "Teilst du mit mir Tisch und Steckdose?"

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