29. August 2010

Zu viel Herz braucht aber nun auch kein Mensch.

Denn zu viel Herz macht auch dumm. Für was kann man denn schon alles ein Herz haben? Für sehr, sehr vieles. Und dann wird man letztendlich auch nicht mehr, sondern kreist nur um sich und sein Herz und wer ihm helfen kann und wem man helfen kann, damit das Herz noch wärmer ist. Doch ein andauernd von außen und in wohltätigen Streicheleinheiten mikrowellenartig aufgewärmtes, selbstgefälliges Herz nützt niemandem etwas und am wenigsten dir selbst. In meiner wahrlich zynischsten Stunde dachte ich mir einst diesen groben Aphorismus aus: Altruismus ist auch nur Egoismus für Hippies. Und am schlimmsten sind die Egoisten, die sich als altruistische Hippies verkleiden.
Das ist keine Klageschrift, übrigens, mehr eine Selbsterkenntnis.
Ich möchte etwas mehr denken und etwas weniger fühlen. Denn ich bin selbstgefällig geworden in meiner Sklaverei des Herzens. Mit Emanzipation hat das nicht mehr viel zu tun, jedenfalls nicht mit
der des Herzens. Sexuelle Emanzipation mag gut vorangehen, doch laufe ich auf einen Weg zu, auf dem ich mich selbst ernähren kann? Nö. Ist das ein Strukturproblem? Maybe a lot. But a personal problem, too. Everything I do is just the Ergebnis of my personal problems.
Das Herz ist angebunden an so manche Biologie. Ein Freund von mir gestand mir mal, er wolle Herz ohne Biologie und er wusste nicht, ob dies überhaupt möglich sei. Die Frage kam mir ziemlich unsinnig vor; selbst wenn, ja warum denn? Ist doch ziemlich schön so, dass das so ist, dass sich Herz und Biologie meistens ja doch ein bisschen vermischen, und oft hat der Kopf sogar auch noch ein paar Takte dazu zu sagen. Wir sind keine "human animals", wie Kinsey uns (als Menschen) betitelte. Jedenfalls nicht, wenn das bedeutet, dass unser Sexualverhalten ausschließlich der (körperlichen) Bedürfnisbefriedigung geschuldet ist. Spontaner, 10-15 minütiger Sex unter Fremden ist auf der einen Seite eine Befriedigung von Trieben, und natürlich körperlicher, ich bin mir aber fast sicher, dass zum Großteil auch die persönliche Identität und psychische Bedürfnisse eine Rolle spielen.
Wie sähe denn so ein Herz ohne Biologie aus? Es würde wohl möglich keine Rührung angesichts eines Kindergesichtchens erkennen, in der warmen Umarmung eines Freundes oder einer Freundin keine Geborgenheit finden, es würde kaum etwas schön finden. Ich finde nicht, dass das noch ein schönes, kluges, und vor allem wohltuendes Herz wäre. Es mag überraschen, verfechte ich doch immer die Meinung, viele vermeintlich klaren biologischen Unterschiede seien in Wahrheit soziale Prägung. Doch gibt es wohl einfach keine so klare Trennung meinerseits. Uns für unsere Triebe zu entschuldigen, bestimmte, unverständliche Verhaltensweisen auf rein biologische Umstände zu schieben, das halte ich für großen Müll. Aber ebenso großer Müll ist es, unser Verhalten völlig von jedem anderen in der Natur zu trennen. Sagen wir mal so. Ich will kein Herz ohne Biologie. Ich will aber auch kein Herz ohne Ratio. Und weder Sklave meiner Biologie noch meines Herzens noch meiner Ratio sein. Wie viel Versklavung doch aus uns selbst kommen kann!
Ich bin traurig, obwohl ich ein Arcade Fire Ticket habe. Oder eher, ich bin traurig, weil ich ein Arcade Fire Ticket habe. Ich bekam es nämlich nur, weil jemand plötzlich gestorben ist.

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