19. Oktober 2010

Dilettantenuni

Gewollt und nicht gekonnt ist mir eigentlich eine recht sympathische Lebenseinstellung, aber irgendwie sympathisch auf eine unsympathische Weise. Also sympathisch nur, weil mir manchmal Sachen sympathisch sind, weil ich sie auch mache/verkörpere/denke. Femiziss, der ich bin. Nicht, weil ich sie grundsätzlich gut heiße.
Ich wollte immer ganz gern Psychologie studieren. Aber ich konnte nicht, wegen diesem Dingsda, na, NC. Und vielleicht/sehr wahrscheinlich hätte ich es auch so nicht gekonnt. Nichtsdestotrotz erfüllte ich mir heute ganz dilettantisch meinen Lebenstraum und saß 10 Minuten in einer Psychologievorlesung, Diagnostik, um genau zu sein. Naja, so dilettantisch auf die Psychologie bezogen war es dann doch nicht, sondern eher auf das Studieren im Allgemeinen. In Ermangelung der Kapazität, den Raum meiner Germanistikvorlesung nachzusehen (das ist das Fach, das mir zugetraut wird, mit meinem Abiturschnitt und das ich bisweilen will, aber nicht kann), schlich ich von Raum zu Raum, vertauschte dann beim Dozentennamenlesen zwei Buchstaben und wunderte mich so eine Weile über die kreative Einführung mit Schwerpunkt ungewöhnliche, fachcampusfremde Raumwahl und ob der Verteilung so vieler unbekannter Gesichter um mich herum. "Na, die Erstsemester gehen aber heuer ran!" hatte ich fränkische Gedanken und fasste mir schließlich doch ein Herz, meine Sitznachbarin zu fragen, ob das hier tatsächlich eine Psychologievorlesung sei. "Natürlich!", antwortete sie verstört und ich beeilte mich, so unauffällig wie möglich vor 50 seriös und ihr Leben im Griff habenden jungen Menschen hinter dem Rücken des Dozenten zu verschwinden, mit meinem Umweltschulheft und einem angekauten Stift in der Hand.
An der Mensaschlange lächelt mich ein paar Stunden später jemand an: "Du warst doch grad auch in der Diagnostikvorlesung! War super, oder?" Als ich ihm gestehe, dass ich eigentlich Germanistikstudentin bin und mich verirrt hatte, guckt er 10 peinliche Sekunden betreten auf den Boden, fängt sich dann jedoch ganz psychologisch: "Kannst ja gern öfter kommen!"
Offenbar macht man auch als Dilettantin hin und wieder einen netten Eindruck.
Ich grinse noch vor mich hin, als mich eine Erasmusstudentin fragt, ob das Essen, für das ich anstehe, vegan sei. Es tut mir sehr leid, dem charmanten Mädchen mitteilen zu müssen, dass es dies keinesfalls sei, dass es in Wahrheit nur ein vegetarisches, überhaupt kein veganes Gericht gebe. Kopfschüttelnd fallen mir mal wieder die "vegan" Schildchen auf, die neben die derbsten Fleischgerichte gestellt werden, um anzuzeigen, dass Kartoffeln vegan sind.
Fischgeschmack noch auf den Lippen schmeckend, gehe ich angewidert an den geschmacklosen Begrüßungsballons für die Erstsemester vorbei. Voll die Dilettantenuni, meine Uni.

1 Kommentar:

  1. ich kann mich nur wiederholen: ich finde die luftballons nett.
    mit partyhütchen und luftschlangen wärs zwar noch schöner, aber vermutlich würden dann auch die semestergebühren erhöht... ;)

    sarah

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