Wissen Sie, ich hatte da so ein Gurkenglas. Mit dem Gurkenglas fing alles an. Ich verbog meine Gabeln, ich tat mir weh, ich flog aus meiner Wohnung, mein Fön stand in Flammen. Ich klemmte das Gurkenglas zwischen meine Beine und drehte und drückte und während alles vor die Hunde ging, behielt allein das Gurkenglas all seine Teile, man könnte fast sagen, es bewahrte Kopf und Haltung, während sich bei mir alles öffnete und verlor.
Das Gurkenglas machte sich in meinem Kühlschrank breit. Während ich schrieb und weinte und trank und ratterte und studierte und meine Haare Luft trocknen ließ und gebückt unterm Wasserhahn stand, während all dieser Zeit hatte das Gurkenglas seinen Inhalt aus grünem süß-sauren Fastgemüse, und grinste breitbäuchig und schadenfroh.
Und dann habe ich das Glas Freunden mitgebracht, die haben das dann geöffnet, und ich ziehe bald in ein WG-Zimmmer, meine Dusche funktioniert, den Handtuchturban kann ich immer besser wickeln, ich habe bei Mc Donalds so laut "Analsex" gesagt, dass der Mann am Nebentisch erschrocken einen anderen Platz aufsuchte. Zuhause lasse ich mich im Faltenrock auf meinem Bett nieder und öffne mein neu gekauftes Gurkenglas. Bald habe ich zwar kein Bett mehr, aber die Süß-Säure des Lebens steht mir wieder offen. Wissen Sie, ich möchte hier überhaupts nichts für irgendetwas verantwortlich machen, Anti-Schicksal und so, aber: Gurkengläser und Faltenröcke sind schon ganz schön cool.
Man öffnet Gurkengläser, indem man Löcher in die Deckel bohrt, Vakuum und so, und Reisighaufen zerbricht man, indem man die Zweige einzeln bricht.
AntwortenLöschen"[...]
If these thoughts interest you for even a moment
you are lost"
(Leonhard Cohen)
I am young and I am lost, every sentence has its cost (Maximo Park)
AntwortenLöschenSo gesehen: Danke.
Erst die Gurkengläser, dann die Zweigen und irgendwann mal die Lebensbaustellen.
Das erinnert mich ziemlich an Schweinkram...
AntwortenLöschenEy! Ich heul gleich! Du bringst dein Gurkenglas hierher, ich esse eine oder zwei und.... Meine Beziehung ist so gut wie beendet, ich hab die Uni geschwänzt, nippe an Wein und kippe Wodka and jetzt noch das.
AntwortenLöschenNunja, ich freu mich aber für dich. Also ist das Gurkenglas wohl 'ne sehr genaue Metapher dafür (oder ein Symbol?), wie sich alles im Leben ändert. Und das ist gut,ansonsten passieren noch viel schlimmere Sachen als Gurkengläser. Wann ziehst du eigentlich um? Übrigens ist Lufttrocknen angeblich eh besser. Rock klingt immer gut. Und Dinge beim Namen zu nennen, tut auch nicht schlecht.
Auf einen bittersüßen Winter!
@Anne:Ganz sicher bin weder ich noch das Gurkenglas dafür verantwortlich, aber leid für dich tut mir das alles trotzdem! Ich zieh am 4. oder 5.12. um. Hilfe natürlich erwünscht!:)
AntwortenLöschenAuf einen bittersüßen Winter, ja.
@Mr. oder Mrs. Anonym: Tatsächlich sind in diesem Text einige sexuelle Anspielungen vorhanden, wenn Sie das meinen. Ich würde sie nicht als "Schweinkram" bezeichnen, denke ich. Wie der Titel sind sie teils ironisch gemeint, teils überaus metaphorisch, endgültiger Verlust der Unschuld und so. Kein Grund, sich anonym errötend zu verstecken, jedenfalls.