23. Juli 2012

I don't get over Andrea Dworkin.

I am an enemy of nationalism and male domination. This means that I repudiate all nationalism except my own and reject the dominance of all men except whose I love. In this I am like every other women...
And so "Scapegoat" begins and so begun my reading and studying in Kraków. I also can't stress enough that wonderful, smart blog. Discipline and Anarchy was the best Missy-Blogger so far! Kate Zambreno wonders about the meaning of her blog and inspired me to blog more, not trying to post literature here everyday, but also taking notes just to practice writing. That's why my last post looked more like a bad fashion-thingy.

22. Juli 2012

A serious Girl. Or:Let's watch our dreams die.

Letzte Woche habe ich mich der schönsten Nebensache der Welt gewidmet (dass das mit dem Sex Quatsch ist, habe ich an anderer Stelle mehrfach erwähnt): Sich frisieren und frisieren lassen. Erst wurden mir mit bilingualen Instruktionen die Haare gekürzt. Schon zum zweiten Mal wesentlich erfolgreicher und preisgünstiger als bei "Grünton", den ich ahnungslos und mit der traurigen Glanz und Gloria meiner früheren Berliner Zugezogenen-Arroganz bis vor kurzem für in beiden Kategorien unübertreffbar hielt. Aber sowohl der Mini-Oma-Frisör in der Innenstadt, als auch die polnische Discount-Kette "Trendy" wissen, mit kurzem Haar umzugehen. Schade eigentlich, denn eines meiner liebsten Erste-Welt-Abenteuer ist es, nicht zu wissen, wie scheußlich oder wundervoll ich nach einem Frisörbesuch aussehe. Erster verwandelte wenigstens mein Haupthaar mit Hilfe von dafür geeignetem Lack, Spray und Wachs in diesen Neunziger-Jahre Alptraum, vorne gebügelt, hinten hochgerupft, ein Pfau in Aschgrau sozusagen. Bei Trendy bekam ich für 5 Zloty mehr eine ungefragte Glätteisenbehandlung, was für mich, die ich seit Kindheit unter meinen unregelmäßigen Locken leidend, die so manche unliebsame Bekannte und/oder Prenzlbergfrisörin als "bieder" bezeichnete, immer wieder ein ungesundes, guilty pleasure darstellt. Nach der Fremdhaarbefassung rannte ich zu Rossman und kaufte Syoss-Chemie, die ich anschließend absichtlich eine Viertelstunde zu lang einwirken ließ. Das Ergebnis ist: barszcz-farben.
Es gibt nicht vieles, was Barszcz in seiner Intensität, geschmacklich und farblich ähnelt. Umso stolzer bin ich, ein Abbild meiner Lieblingssuppe zu sein. Ich werde mich in jedem Fall mit einem Vorrat dieses Haarzerstörprodukts und der ihm gleichenden Tütensuppe gegen den deutschen Winter (jaha, den draußen und den in der Seele) wappnen. Ich bin lange genug innen unvernünftig und außen vernünftig aschgrau gewesen. So frisiert tummle ich mich in Gdanks und Nowa Hutta. Kombiniert mit schwarzem Second-Hand-Samttutu, schwarzer Bluse über alter grauer Strumpfhose und ebenfalls antrazithnen Adidas haftet etwas verrucht gruftiges an mir- genauso gut wie das geneigte Klassenkameradinnen schon mit 15 konnten.
Ich aber habe jeher außerhalb Berlins den komischen Drang, mich von meiner Umgebung abzuheben. So muss man mich noch besuchen, möchte man mich in Joga-Pants bei Kunstworkshops assisitieren, in bodenlangem Kleid Museumsführungen halten und in roten Schlaghosen durch geschichtsträchtige Floure wandeln sehen. Zurück in Berlin sehe ich schneller wieder aus wie eine lesbische Version Rory Gilmores, eh wir Termine für die Großstadtstelldicheins finden, mit jedem einzelnem von uns. Wobei ich schon versuchen werde, etwas Juliette Binoche im Kostüm Karen Os mitzuschleppen.
Als Kind konnte ich mir immer nicht vorstellen, wie ich aussehe, denke, fühle, lebe als Erwachsene. Dann verging die 20 und die ein oder andere Zahl dahinter, und ich wusste warum: Weil ich weder erwachsen aussehe, noch denke, noch fühle, noch lebe. Und nach drei Monaten Krakau dann plötzlich gestern so: That's it. So wie jetzt bin ich sicher nicht mein ganzes Leben, aber ich kann doch sehen, dass so wie ich denke (sozialwissenschaftlich viel über Atrocities und Identitätsbildung, bildungsmäßig viel über Bildnisse dieser), fühle (zu tief und zu viel und zu schnell, aber in gesündere Bahnen gelenkt), lebe (nicht verplant, aber mit Plänen), das kann man ein bisschen die erwachsene Version von mir nennen. Und das geschah tatsächlich durch die äußere Veränderung. Von anfangs sehr seriös im Pleasantville-Style zu sehr casual hippiesk, zu der Mod-Attitüde, in der ich mich eben sehr serious finde. Und weil ich das nicht ironiefrei erzählen kann alles, und ich mir des "Machen sie doch mal was ganz verrücktes, färben sie sich die Haare!"-Faktors nicht erwehren kann, und es durchaus bedenklich finde, dass ich wie vorgefasst über Yoga und Beauty-Programm zum Seelenfrieden kam, habe ich eine Playliste für alle Aspekte dieses "Erwachsens" erstellt.

Let's watch our dreams die.

Belle and Sebastian: Step into my office, Baby

Maximo Park: Apply some pressure

The Thrills: Fancy Restaurant

Mikrofisch: Delusions of Decay

Belle and Sebastian: Get me away from here I am dying

Nina Simone: Feeling good

Ben Caplan: Seed of Love

Phantom/Ghost: Thrown out of Drama School

Marina and the Diamonds: I'm not a robot

The Thrills: Faded Beauty Queens

Regina Spektor: Ghost of a corporate future

Belle and Sebastian: Expectations

Tocotronic: Das Unglück muss zurückgeschlagen werden

Socalled: Work on what you got

The Divine Comedy: Generation Sex

Belle and Sebastian: Dear Catastrophe Waitress

Amanda Palmer: Ampersand

Und nie die Worte Yodas vergessen:
If you end your training now - if you choose the quick and easy path as Vader did - you will become an agent of evil.
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8. Juli 2012

4 Uhr morgens erwartet Dich keiner: oder möbliert ist eben schon.

Um 8 Uhr morgens wende ich mich im Bett um. Eine halbe Stunde lang, und noch eine. (Ja, manchmal Stunde, glaube ich kaum zuzugeben.) Schaffe ich es, Kleidung um mich zu hüllen, sieht ihr jeder an, dass ich gerade erst aufgestanden bin. Die Kleider erwecken den Eindruck, als befänden sie sich noch im Schrank, und ich mich im Bett, weil doch jeder sehen kann, dass wir noch nicht zusammen gehören, vielmehr an unseren Bestimmungsort zurückstreben, sie so also konvex um mich wehen, mich erst recht auf zwei Zentimetern Pfennigabsätzen unglaubhaft machen. Diese Nacht konnte ich wieder einmal nicht schlafen. Ich weiß, dass mir das in Berlin zweimal im Sommer geschah. Es hatte immer mit Prüfungen zu tun, erinnere ich mich, und weiß nicht recht, was ich davon halten soll, jetzt, wo keine ansteht. Ich plane also, den Kleidern ein Schnippchen zu schlagen, jetzt aufzustehen, Achseln und Beine zu rasieren, und in die Businesskleidung zu schlüpfen, mir ein prächtiges Frühstück einkaufen zu gehen, und so endlich auch den Eindruck zu erwecken, um 10, ich sei schon seit Stunden wach und hätte einiges erledigt. Aber man muss nicht einmal eine dekadente Langschläferin sein, um frühmorgens von niemandem erwartet zu werden. Im Supermarkt kann ich mich für keinen Käse entscheiden, (In Krakau gibt es einfach keinen salzigen Käse. Wie überhaupt kein wirklich würziges Essen. Ich war im indischen-, im Thai-Restaurant- entweder habe ich mir seit 15 Jahren tatsächlich die Magennerven oder so verätzt, oder ich habe Recht.) und der Putzmann wird wütend, denn nachdem um 3:30 neben mir die letzten Partyeinkäufer heraustorkelten, rechnet er einfach nicht mit einer Person, die unschlüssig das Käseregal auswendig lernt. Er weiß nicht, dass besagte Person tagsüber in einem Museum arbeitet, und Informationen durch das zirkelhafte Beschreiten allein aufnehmen und wiedergeben kann. Ich gehe spazieren, und auch hier erwartet mich keiner. Nicht das Pärchen, dass sich an jedes Schaufenster presst und küsst, auf dessen Route wir uns treffen. Nicht der Hundebesitzer, der eine Stunde wähnt, in dem niemand ihn erschreckt auf Deutsch anschreien kann. Der Betrunkene nicht, der nachdem er mich catcallte gar nicht weiß, was er in meine rotunterlaufenen Augen sagen soll, und der dann vorbeitorkelt, ohne, dass ich etwas tun muss. Gibt es eigentlich eine Grauzone zwischen "Reclaim the night" und Morgenspaziergang? Der Obdachlose wacht auf und sieht mich erstaunt an, als hinter mir die Hoftür ins Schloss fällt. Gemeinhin nächtigt er doch unbemerkt im Hinterhof unter meinem Fenster. Zurück vor diesem, mein Teilchen Stadt vom Aquarium aus betrachtet, stelle ich fest: erwarten tut mich auch nicht die schwanzlose rote Nachbarskatze, der der Kater aus "Breakfast at Tiffanys" ist, und der nicht versteht, wie ich ihm herzlos das Fenster öffnen und doch mein Zimmer verschließen kann. Das Zimmer selbst liegt im ersten Licht des Morgens... Im Spaziergang habe ich gerade gemerkt, wie schön die Stadt ist, in der ich lebe. Wenn die Temperatur gut ist, noch keine Autos fahren... Ein paar verirrte, letzte Taxis, kleine Schnarcher einer ansonsten gleichmäßig atmenden, schlafenden Stadt. Wie bezaubernd die roten Kirchdächer, wenn ihre Glocken nicht klingen, wie einladend Cafés wirken, wenn keine Menschen sie füllen. In der Küche weit das Fenster öffnen. Es im Zimmer der Katze verschließen. Das Kleid ordentlich am Bügel aufhängen, das Bett machen, das im Wandschrank steht. Die Räume sind hoch, in Altbauten üblich, auch in den herzlos sanierten, der Hinterhof mit seinen Balkonen allerdings bleibt geteilt und angenehm unangemessen intim. Es ist ein neues möbliertes Zimmer, zwei Tische, ein Sofa, ein Sessel, ein Bett, ein Kleiderschrank, ein Wandschrank, in dem sich das Bett befindet. Das Schönste bisher, und wie ich so wandelte, um diese Zeit, in diesen Graden, hier könnte ich bleiben, das habe ich schon lange nicht mehr gedacht. Leichten Herzens hatte ich das letzte Zimmer zusammengepackt, die im Sommer nutzlos gewordenen samtenen Hosen und Röcke, geschäftig-knisternden, glänzenden Blusen, schwere, sanftmütige Mäntel. Aber auch die Leinenstoffe, die ich mir hier umhüllte, die einzigen, die ich nicht wünschte, von mir zu weißen. Das löchrige Bettuch, einzig dazu bestimmt, hier gelassen zu werden. Und während ich Schritt für Schritt, versuche eine Hängebrücke zu betreten, bei der ich nicht sicher weiß, aber hoffe, nicht wieder hinter mir alle Seile trennen zu müssen, die die hölzernen Pfosten, die irgendwas das irgendwie meiner Identität zusammen hielten, sondern vielmehr soll sie das Zurückgehen nicht nötig, aber möglich machen, ja, geade kann ich sogar manchmal um mich blicken und den Wald riechen, in dem Hängebrücken gebaut sind, und all die Sträucher zwischen den Pfosten, ebenso, wie trotzdem und immer: Leben heißt zwischen fremden Stühlen, möbliert ist es eben schon.

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